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heute“, 1926, und das 1939 erschienene zweibändige
Werk „Business Cycles“. Mit dem viel beachteten Buch
„Capitalism, Socialism, and Democracy“ aus dem Jah-
re 1942 legt Schumpeter eine detaillierte Analyse der
Funktionsweise sozialistischer Ökonomien vor und
entfaltet die Vorstellung einer weit gefassten ökonomi-
schen Theorie. Dieses Werk stellt einen eigenständigen
Beitrag zur politischen Wissenschaft und Soziologie
dar. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitet
Schumpeter intensiv am Abschluss seines dritten gro-
ßen Werks seiner amerikanischen Zeit, der „History of
Economic Analysis“, es wird 1954 postum herausge-
geben. Mit diesem Opus magnum liefert Schumpeter
eine gesamte Darstellung der Dogmengeschichte der
Ökonomie seit den Griechen, eine Zusammenfassung
seiner wissenschaftlichen Sichtweise von Ökonomie
und somit die Erklärung der Sozialökonomik und ihrer
Abgrenzung von anderen Sozialwissenschaften, sowie
eine Neuformulierung der Theorie des Unternehmers.
Die Bilderbuchkarriere verläuft für Schumpeter nicht
reibungsfrei. Siege und Niederlagen, exzentrische
Höhenflüge und tiefe Versagensängste kennzeichnen
seinen Lebensweg. Er will der größte Ökonom des
Jahrhunderts sein und leidet darunter, mit seinen wis-
senschaftlichen Arbeiten nie über den Schatten von
John M. Keynes hinauszukommen. Im März 1919 wird
er österreichischer Finanzminister, aber bereits nach
sieben Monaten wieder abgesetzt. 1921 übernimmt er
das Amt des Präsidenten einer Privatbank, das mit der
Insolvenz der Bank, 1925, endet – Schumpeter verliert
sein gesamtes Vermögen und muss über zehn Jahre
Schulden abtragen. Er pflegt einen in jeglicher Hin-
sicht aufwändigen Lebensstil, ist ein Lebemann, und
wird doch von den persönlichen tragischen Ereignissen
des Jahres 1926 für immer gezeichnet – die vergötter-
te Mutter stirbt und sechs Wochen später seine zweite
Frau bei der Geburt des einzigen Kindes. Fortan finden
sich Äußerungen des Bedauerns über Fehlentscheidun-
gen und das Verfolgen falscher Ziele in früheren Jah-
ren.
Die Verehrung der Verstorbenen nimmt Formen eines
Heiligenkults an. Persönliche Frustration und insbe-
sondere das mehrfache vergebliche Bemühen um einen
Ruf an die damals renommierteste deutsche Hochschu-
le, die Universität Berlin, veranlassen Schumpeter,
der Harvard University zu signalisieren, dass er einem
Ruf durchaus positiv entgegensehen würde; dieser er-
folgt 1932 und Schumpeter verlässt Deutschland für
immer. Schnell erwirbt er sich nicht nur den Ruf als
brillanter Wirtschaftswissenschaftler, sondern eben
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