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Joseph Alois Schumpeter (1883-1950)
, einer der be-
deutendsten Wirtschaftstheoretiker des 20. Jahrhun-
derts, zählt zu den wahrhaft schillerndsten Persön-
lichkeiten der ökonomischen Zunft. Sein beruflicher
Lebensweg scheint märchenhaft. Schulausbildung im
Theresianum, der österreichischen Eliteschule für den
Nachwuchs der höheren Kreise, Studium der Rechts-
wissenschaften mit Promotion im Jahre 1906, danach
Bildungsreisen ins europäische Ausland, 1907-1908
Tätigkeit in einer italienischen Anwaltskanzlei in Kai-
ro, 1909 Ernennung zum außerordentlichen Professor
an die Universität von Czernowitz, 1911 Berufung als
Ordinarius für Politische Ökonomie an die Universität
Graz, und zwar als jüngster ordentlicher Professor der
Monarchie, 1913/1914 Gastprofessor an der Columbia
University in New York City und Auszeichnung mit
einem Ehrendoktorat, 1919 österreichischer Finanzmi-
nister, 1921 Präsident einer Privatbank, 1925 Ruf an die
Universität Bonn, 1927-1930 Reisen als Gastprofessor
an die Harvard University, zwischenzeitliche Rufe der
Universitäten Kiel, Freiburg und Prag lehnt Schumpe-
ter ab, hingegen nicht den der Harvard University von
1932. 1938-1940 Präsident und Vizepräsident der Eco-
nometric Society, die er mitbegründet, 1948 Präsident
der American Economic Association und 1949 erster
Präsident der neu gegründeten „International Econo-
mic Association“.
Schumpeters Ideen sind bahnbrechend und wirken
nachhaltig. Innovationen, rastlos nach Neuem suchen-
de Unternehmer, die Entrepreneurs, Beeinflussung der
wirtschaftlichen Entwicklung durch Erfindungen, Pro-
zesse der kreativen Gestaltung von Neuem und die Ab-
lösung alter Strukturen, „schöpferische Zerstörung“,
wirtschaftliche Entwicklung als Dynamik – all dies
sind Begriffe und Entwicklungen, die mit keiner ande-
ren Person derart in Übereinstimmung gebracht werden
können, wie mit seiner. Nicht einmal fünfundzwanzig-
jährig verfasst er seine erste Monografie, „Wesen und
Hauptinhalt der theoretischen Nationalökonomie“, eine
eigenständige und souverän gefasste Aufarbeitung der
wesentlichen Inhalte der bis dahin vorherrschenden
ökonomischen Theorien. Das Manuskript wird von der
Fakultät für Rechtswissenschaften und Politik der Uni-
versität Wien als Habilitationsschrift anerkannt.
Sein wohl bedeutendstes ökonomisches Werk erscheint
1911, die „Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung“.
Bereits 1914 wird Schumpeters drittes Buch, „Epochen
der Dogmen- und Methodengeschichte“, veröffent-
licht. Weitere seiner zentralen Publikationen sind der
Aufsatz „Gustav von Schmoller und die Probleme von
Joseph Alois Schumpeter –
Ein Leben im Dienst der Wissenschaft
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Prof. Dr. Schumpeter und Kollege Bildquelle: Zora Recker