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PUT Nr.
11
FOrschungsmagazin der Bergischen Universität Wuppertal
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Sommersemester 2014
16
Gesundheit, kognitive Entwicklung und Bildungserfolg
Ausführliche Befragungen der Kinder selbst und
der Eltern dienen dazu, den sozialen Hintergrund
und die Betroffenheit von israelischer Besatzung und
Blockade zu messen. Die gewonnen Daten liegen erst
seit wenigen Wochen vor und werden in den kommen-
den Jahren ausgewertet. Die folgenden Abschnitte be-
schränken sich daher auf die Darstellung einiger erster
deskriptiver Befunde.
Abbildung 3 stellt den Zusammenhang zwischen
ausgewählten, teils von den Eltern berichteten, teils ge-
messenen Gesundheitsindikatoren und dem Ergebnis
eines Kindes beim „Wechsler Intelligenztest für Kinder“
(WISC, Wechsler Intelligence Scale For Children) dar.
Dabei wurde der soziale Einfluss des Elternhauses he-
rausgerechnet, d.h. der Teil des Zusammenhangs von
Intelligenz und Gesundheit, der allein dadurch erklärt
werden kann, dass Kinder aus bildungs- und einkom-
mensarmen Elternhäusern zugleich im Schnitt kränker
sind und kognitiv weniger entwickelt sind als andere. Die
Daten zeigen für perinatale Risikofaktoren, wie niedriges
Geburtsgewicht und nicht gestillt werden, dass diese mit
geringeren kognitiven Fähigkeiten einhergehen. Geringe
Werte bei anthropometrischen Maßen, die auf chroni-
sche Mangelernährung, akute Mangelernährung oder
häufige Erkrankungen während der Kindheit schließen
lassen („height-for-age“ und „weight-for-age“), sind
ebenfalls mit geringerer kognitiver Leistungsfähigkeit
verbunden. Auch seelische Erkrankungen scheinen die
kognitive Entwicklung stark zu beeinträchtigen.
Für Deutschland liegt keine vergleichbare Daten-
basis zum Zusammenhang von Gesundheit und ko-
gnitiver Entwicklung vor. So gibt es mit der vom
Robert-Koch-Institut durchgeführten Studie zur Ge-
sundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutsch-
land (KiGGS) einen repräsentativen Datensatz zur
Gesundheit. Über Bundesländer und Schulformen
hinweg vergleichbare Maße zur kognitiven Entwick-
lung und zum Bildungserfolg liegen darin jedoch nicht
vor. Schulleistungsvergleiche wie PISA erfassen wie-
derum nicht die Gesundheit der Kinder. Zudem misst
PISA nicht die Intelligenz im engeren Sinne, sondern
die Fähigkeit, gelerntes Wissen anzuwenden. Dennoch
lassen sich über eine geeignete Verknüpfung der beiden
Datensätze (durch sogenanntes stochastisches Mat-
ching) belastbare Aussagen über den Zusammenhang
von Gesundheit – gemessen in verschiedenen Lebens-
phasen – und der kognitiven Entwicklung bzw. dem
Bildungserfolg machen.
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Abb. 3: Zusammenhang zwischen Gesundheitsindikatoren und
Intelligenz-Scores (Mittelwert 0, Standardabweichung 1) in
Palästina, bei statistischer Kontrolle des sozialen Hintergrunds.
NegativeWerte bedeuten, dass schlechte Gesundheit mit
niedrigen Intelligenz-Scores verbunden ist. Ein Unterschied von
0.2 Standardabweichungen entspricht in etwa demTestscore-
Unterschied eines Lebensjahres. Die horizontalen Balken geben
statistische Vertrauensintervalle für den Zusammenhang wieder.
Überdeckt das Vertrauensintervall die Nulllinie, dann besteht
kein statistisch gesicherter Zusammenhang.
Quelle: eigene Berechnungen auf Basis der 2013 im DFG-Projekt
„Determinants of Cognitive Development in Deprived Environ-
ments: Evidence from theWest Bank“ erhobenen Daten.
Frühgeboren (<37. SSW)
Niedriges Geburtsgewicht (<2500g)
Nicht gestillt
Height-for-age 1. Quintil
Weight-for-age 1. Quintil
Chron. Atemwegserkrankung
Leichte Anämie (Hb 10-11.9 g/dl)
Mittlere bis schwere Anämie (Hb <10 g/dl)
Seelische Erkrankung
-.5 -.4 -.3 -.2 -.1 0 .1
WISC-Score