Seite 14 - Output7

Basic HTML-Version

BUW.
OUT
PUT Nr.
8
FOrschungsmagazin der Bergischen UniversitätWuppertal
/
Wintersemester 2012/2013
14
warten, bis schließlich eine werthaltige, durchführbare
Alternative gefunden ist. Der Innovationsprozess als ein
Vorgang in einem komplexen, nur schwer vorhersehba-
ren Umfeld stellt sich also als ein Geschehen verknüpfter
kreativer Problemlösungsprozesse dar (Abbildung 2), in
welchen der Unternehmer sein Vorhaben – wie oben be-
schrieben – von Lösung zu Lösung fortentwickelt.
Ein systemisches, interdisziplinäres Kreativitätsver-
ständnis, welches Kreativität als ein Phänomen verbun-
dener, in gegenseitiger Abhängigkeit stehender Ebenen
begreift, stellt diverse Herausforderungen an eine effek-
tive Ausbildung, welche hier nur kurz und beispielhaft
an den Bereichen Hirnforschung, Kognition sowie dem
sozialen Umfeld behandelt werden sollen.
Aus der Hirnforschung ist bekannt, dass bestimmte
Areale und Vorgänge im Gehirn mit dem Zulassen bzw.
Verhindern von kreativen Denkprozessen befasst sind.
Evolutionär bedingt ist das menschliche Hirn eher da-
rauf angelegt, in einem bereits bekannten Möglichkei-
tenraum zu suchen. Das Erzeugen neuer, d.h. kreativer
Gedanken wird daher zunächst vom Hirn unterdrückt
und nur unter bestimmten Bedingungen zugelassen.
Eine effektive Befähigung zu mehr Kreativität muss sol-
che Befunde selbstverständlich berücksichtigen. Hier
gibt es sehr einfache Ansätze, die mit Vorstellungskraft,
bestimmten Tätigkeiten und räumlicher Veränderung
positive Effekte erzeugen. Aus der Kognitionsforschung
stammt u. a. die Erkenntnis, dass der Glaube zu kreati-
ven Lösungen befähigt zu sein, tatsächlich eine höhere
Kreativitätskompetenz bewirkt und auch dass persönli-
ches Wissen um die Mechanismen, welche im kreativen
Prozess ablaufen, eine solche Erhöhung herbeiführen.
Wer also weiß, wie Kreativität funktioniert, ist auch eher
von Anfang an und das Anstreben von Kritikfreiheit
während der Lösungsentwicklung – erscheinen aber
nach aktuellen Forschungsbefunden als suboptimal. So
haben Untersuchungen ergeben, dass alternative Brain-
stormingprozesse, in denen die Probanden kreative
Ideen zunächst allein entwickeln mussten und Kritik an
den jeweiligen Vorschlägen von Anfang an geübt wer-
den durfte, zu mehr und messbar effektiveren Lösungen
führten, als das traditionelle, allgemein verbreitete Vor-
gehen der Kritikfreiheit.
Zur oben beschriebenen Definition von Kreativität
tritt ein Verständnis, welches insbesondere dem krea-
tiven Prozess und einer Auffassung von Kreativität als
systemischem Phänomen folgt, das sich auf verschiede-
nen Aggregationsebenen interdependent vollzieht (vgl.
Suomala et al. 2006). Der idealtypische kreative Prozess
beginnt dabei in der Wahrnehmung eines Problems im
weitesten Sinne, welches den oder die Handelnden vor
eine nur kreativ zu bewältigende Herausforderung stellt.
Diesbezüglich werden sodann explizite oder implizite
Zielvorstellungen entwickelt, wie eine Lösung aussehen
könnte. Diesem Schritt folgt die Suche nach Informatio-
nen und möglichen Lösungsmustern, bis tatsächlich ein
(erster) Ansatz generiert werden kann. Hierauf wird die
entwickelte Lösung auf ihren tatsächlichen Beitrag zur
Problembewältigung nach Kriterien wie dem Bewälti-
gungsanteil (wird das gestellte Problem ganz oder teil-
weise behoben? Wie groß ist der Anteil an der Gesamtlö-
sung? usw.), der Möglichkeit der Umsetzung imHinblick
auf vorhandene Ressourcen, Zeitbedarf etc. geprüft und
dann ggf. umgesetzt, verworfen oder verbessert.
Es handelt sich dabei selten um einen einmaligen
Prozess; vielmehr ist eine mehrfache Iteration zu er-
Kreativität im unternehmerischen Prozess lernen
Abb. 2: Modell des
iterierten Kreativi-
täts- und Innovations-
prozesses.
Fig. 2: Model of
iterative creativity and
innovation process.
»