Seite 29 - Schumpeter School Alumni e.V. Jahresmagazin 2012

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Schumpeter School of Business aND ECONOMICS / WISSENSCHAFT AUS AKTUELLEM ANLASS
es sich dabei um die Untergrenze für ein begleitendes
Dienstleistungselement.-10- Wird jedoch zusätzlich zu
Standardspeisen auch nur ein Stehtisch bereitgestellt, so
überwiegt bereits nach gängiger Rechtsprechung-11- das
Dienstleistungselement und der Normalsteuersatz gelangt
in diesem Fall zur Anwendung. Nicht um Standardspei-
sen handelt es sich nach Auffassung des BFH-12- z.B.
bei Hähnchenschnitzel mit Fruchtspießen, geräuchertem
Lachs und Forellenfilet mit Sahnemeerrettich, Roastbeef
mit Remoulade oder aber gefüllten Tomaten mit Frisch-
käse, so dass sie dem Normalsteuersatz unterliegen. Die
Lieferung eines vorgegrillten Spanferkels soll hingegen nur
dann als Dienstleistung besteuert werden, wenn es bei
dem Kunden fertig gegrillt und anschließend für die Gäste
tranchiert wird. Wird es allerdings gegrillt geliefert, so soll
der reduzierte Steuersatz zur Anwendung kommen.-13-
Die Lieferung einer Großküche an ein Altenwohn- und
Pflegeheim bzw. an Schulen sowie Kindergärten unterliegt
hingegen dem Normalsteuersatz, da Speiseplanvorgaben
einzuhalten sind bzw. Menuepläne vorher mit den Eltern
und Erziehern abgesprochen werden.-14-
Für den Durchschnittsverbraucher dürfte es kaum nach-
vollziehbar sein, dass die Bereitstellung eines Stehtisches
oder aber die Zubereitung der Speisen nach einem Menue-
plan die Besteuerung des Vorgangs zum Normalsteuersatz
auslöst, während die Reinigung des Kinosaals nach dem
Genuss von Popcorn keinen Einfluss auf den anzuwen-
denden Steuersatz hat. Noch irritierter wird er sein, wenn
er erfährt, dass der von einer gemeinnützigen Körperschaft
betriebene Cateringservice dem reduzierten Mehrwert-
steuersatz unterliegt, wenn die Leistung im Rahmen eines
Zweckbetriebs i.S.d. §§ 66 bis 68 AO erbracht wird. Ein von
der Wohlfahrtspflege unterhaltener Mahlzeitendienst erfüllt
diese Kriterien, wenn mindestens zwei Drittel der Leistun-
gen gegenüber Personen erbracht werden, die gem. § 53
AO infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen
Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Unab-
hängig von der persönlichen Leistungsfähigkeit werden
pflegebedürftige Konsumenten bei der Beauftragung einer
gemeinnützige Körperschaft mit einem niedrigeren Mehr-
wertsteuersatz belastet als bei einem anderen Anbieter, es
sein denn, der zu Pflegende bestellt bei einem Pizza- oder
Pommes-Taxi.
3. Fazit
Die kurze Darstellung verdeutlicht, dass die Besteuerung
verzehrfertiger Speisen uneinheitlich und unstrukturiert ist.
Die Differenzierung des Mehrwertsteuersatzes in Abhän-
gigkeit von dem bisher ungeklärten Begriff „Standardspei-
se“ oder aber der Rechtsform des Liefernden bewirkt eine
Wettbewerbsverzerrung zwischen den konkurrierenden
Unternehmen, die weder systemgerecht ist noch sach-
lich begründet werden kann. Aus verteilungspolitischen
Aspekten ist die Beibehaltung des ermäßigten Mehrwert-
steuersatzes auf Lieferungen von Imbiss- oder Partyser-
vicebetrieben nicht erforderlich, da sie keine existenznot-
wendigen Güter des alltäglichen Lebensbedarfs anbieten.
Demgegenüber ist die Beibehaltung der reduzierten Mehr-
wertsteuersätze für Nahrungsmittel aus verteilungs- und
sozialpolitischen Gründen gerechtfertigt, da Haushalte mit
einem niedrigen Einkommen einen höheren prozentualen
Anteil davon für Nahrungsmittel aufwenden als besser ver-
dienende. Der Gesetzgeber ist nunmehr gefordert, die un-
endliche Geschichte der Besteuerung von dargereichten,
verzehrfertigen Speisen zu beenden und sie insgesamt
dem Normalsteuersatz zu unterwerfen.
Ausschnitt aus dem Vortrag im Rahmen des 10. Deut-
schen Finanzgerichtstages am 21. Januar 2013 in Köln.
Autorin: PD Dr.
Claudia Neugebauer (StBin)
Fussnoten:
-1- Vgl. BT-Drs. IV/1590, 18f.
-2- BMF-Schreiben v 05.08.2004 - IV B 7-S 7220-46/04, BStBl I S. 638.
-3- Vgl. BVerfG-Beschl. v. 06.12.2007 - 1 BvR 2129/07, UR 2008, S.
159.
-4- Vgl. u.a. EuGH-Urt. v. 10.03.2011 - Rs. C-497/09, C-499/09,
C-501/09 und C-502/09 - Manfred Bog, CinnemaxX Entertainment
GmbH & Co. KG, Lothar Lohmeyer und Fleischerei Nier GmbH & Co.
KG, UR 2011, S. 272.
-5- Vgl. Grambeck, Mit dem Partyservice ins Altenheim, FR 2012, S.
861.
-6- Vgl. Fußnote 4.
-7- Vgl. BFH-Urt. v. 08.06.2011 – XI R 37/08, www.juris.de.
-8- Vgl. Fußnote 4.
-9- Vgl. u.a. BFH-Urt. v. 08.06.2011 – XI R 33/08, www.juris.de.
-10- Vgl. Urt. d. FG Rheinland-Pfalz v. 12.05.2011 – 6 K 1649/09, www.
juris.de.
-11- Vgl. u.a. BFH-Urt. v. 23.11.2011 – XI R 6/08, UR 2012, S. 150.
-12- Vgl. Fußnote 9.
-13- Vgl. Urt. d. FG Rheinland-Pfalz v. 09.11.2012 – 6 K 1120/12, www.
juris.de.
-14- Vgl. Fußnote 5, S. 863.