Seite 45 - Schumpeter School Alumni e.V. Jahresmagazin 2010

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Schumpeter School of Business and Economics/Wissenschaft - aus aktuellem Anlass
(6) Die Vorstellung vieler Banken bzw. Anlageberater, dass Aktien von Energie-
konzernen - mit Atomstromproduktion - eine relativ risikolose Vermögensanlage
darstellen, ist grundlegend falsch, wie man seit dem Fukushima-Atomunglück
klar erkennen kann. Alle Anlageempfehlungen von Banken und Anlageberatern
bzw. Fondsgesellschaften sind entsprechend anzupassen. Im Grenzfall eines Su-
per-GAUs sind Aktien eines Atomstromunternehmens eher eine Mischung aus
normalenAktien und einem Katastrophenbond, allerdings mit dem Nachteil einer
relativ geringen Rendite und eben drohendem Totalverlust bei einem schweren
Störfall in einem Atomkraftwerk. Anlageberater, die auf diese Risiken nicht hin-
weisen, machen sich in der EU, der Schweiz und den USA offensichtlich eines
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Vermögensanlage bzw. eine Investmentberatung wünschen. Es drohen dann ent-
sprechende Schadensersatzforderungen.
Die ökonomische Theorie weiß zum Umgang von Menschen mit extremen Risi-
ken - im Sinne von sehr großen, aber sehr seltenen Risiken - bislang nur relativ
wenig gesichertes Wissen anzubieten. Experimente mit Studenten in Spiellabors
an Universitäten haben einerseits durchaus einen wichtigen Stellenwert für die
Gewinnung bestimmter Erkenntnis. Man darf indes zweifeln, ob die im Spiel-
labor simulierte Entscheidungssituation mit Studierenden, die nicht Teile eines
nennenswerten, selbst erarbeiteten Vermögens in einer Spielsituation einsetzen,
der realen Entscheidungssituation von Managern und Managerinnen bzw. Inves-
toren entspricht. Zudem dürfte in der Realität die Familiensituation von Versiche-
rungsnehmern eine wichtige Rolle für die Bepreisung von Risiken haben. Es ist
wünschenswert, die Rolle von Entscheidungen unter extremen Risiken in Wirt-
schaft und Gesellschaft verstärkt zu untersuchen.
Prof. Dr. Paul J.J. Welfens
©2011
Prof. Dr. Paul J.J. Welfens
Jean Monnet Chair for European Economic Integration, University of Wupper-
tal/Schumpeter School of Business and Economics; Research Fellow, IZA, Bonn
Alfred Grosser Professorship 2007/08, Sciences Po, Paris
Non-Resident Senior Fellow at AICGS/The Johns Hopkins University, Washing-
ton DC