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Das Jahr 2008 ist zu Ende und es ist an der Zeit, ein
Fazit zu ziehen. Aus Sicht des Lehrstuhls für Finanz-
und Bankwirtschaft war dieses Jahr ein AUF und AB.
Die Idee, dass im Jahr der Mathematik Risiken neu
bewertet werden können, kann als AUF bezeichnet
werden. Ein AB erreichte die Finanzwirtschaft durch
die Finanzkrise, deren Ursache in der Ausplatzierung
der Risiken und deren Weiterverkauf begründet ist.
Dies ist der Auslöser für die momentane weltweite
wirtschaftliche Entwicklung. Somit ist es auch nicht
verwunderlich, dass „Finanzkrise“ zum Wort des Jah-
res 2008 gewählt worden ist.
Am Anfang entstand die Idee einer Mindestrendite in
Höhe von 25%. Banker, Vorstände der Unternehmen,
der Staat und sogar die Aktionäre sowie die Arbeitneh-
mer wären alle Profiteure gewesen, wenn die Kurse
stetig gestiegen wären. Das war jedoch nicht der Fall.
Was jeder unserer Studenten weiß, wurde anscheinend
komplett außer Acht gelassen. Gemäß Markowitz
birgt eine hohe Rendite hohe Risiken. Dieser Zusam-
menhang wurde jedoch nur unzureichend berücksich-
tigt. Die Separierung der Risiken von deren Basisin-
strumenten, das Pooling dieser und deren Verkauf an
verschiedene Investoren brachte eine große Intranspa-
renz der Produkte und des Handels mit sich. Hierdurch
entstanden Informationsasymmetrien, die ebenfalls
das Risiko multipliziert haben. Die Strukturierung von
Kapitalmarktprodukten erinnert an die Schulzeit: Be-
kam man damals in einem Fach die Note Drei, musste
nur in zwei anderen Fächern für eine Eins gesorgt wer-
den. Im Schnitt ergab sich daraus eine Durchschnitts-
note von 1,667. Hierdurch wird, übertragen auf die
Strukturierung, dem Außenstehenden suggeriert, dass
ein Finanzprodukt aufgrund seines Ratings sicher ist.
Jedoch muss wie beim Notenbeispiel alles hinter-
fragt werden. Dies haben die Investoren jedoch bei
ihrer Portfoliobildung vernachlässigt und es entstan-
den mehrere milliardenschwere Portfolios dieser Art.
Plötzlich machte sich Misstrauen breit, wodurch die
Investoren vermehrt dazu neigten, ihre Investments zu
verkaufen.
An dieser Stelle kamen die Leerverkäufer auf die Ka-
pitalmarktbühne, welche von den sinkenden Aktien-
kursen profitieren wollten. Aus diesem Grund wurden
die Leerverkäufer von bestimmten Kreisen als die
„Verantwortlichen des Kursverfalls“ erkoren, wodurch
weltweit einheitlich die Leerverkäufe bei bestimmten
Finanztiteln und Ländern zunächst befristet verboten
wurden. Zur Richtigstellung: Die Leerverkäufer wa-
ren schon immer da! Denn sie spekulieren zwar auf
fallende Kurse, allerdings sorgen sie dadurch auch für
zusätzliche Kapitalmarktliquidität.
An dieser Stelle zur Veranschaulichung von Leerver-
käufen eine Parabel über die Finanzkrise:
Der junge Bill will mit einer eigenen Ranch reich wer-
den. Also kauft er einem Farmer ein Pferd ab. Dem
Farmer zahlt er dafür 100 Dollar, der wiederum ver-
spricht, das Pferd am nächsten Tag zu liefern. Doch es
kommt anders: Am darauf folgenden Tag überbringt
der Farmer Bill eine schlechte Nachricht: Das arme
Tier sei in der Nacht gestorben. Daraufhin sagt Bill:
“Kein Problem. Gib mir einfach mein Geld zurück!”
Doch der Farmer verneint: “Das Geld habe ich ges-
tern bereits für Dünger ausgegeben.” Da überlegt Bill
kurz und meint dann nur noch: “Dann gib mir wenigs-
Das Wort des Jahres bzw.
die Finanzkrise